Gedanken zur Ausstellung in der Galerie im Tempelhof Museum, Berlin-Mariendorf
Brigade, Taktband, Dauerbetrieb – diese Begriffe verweisen auf die Arbeitswelt. Dream-team, Par excellence – diese Bezeichnungen qualifizieren die Tätigen und ihre Arbeit. Sicherheit durch Sanftheit – eine Parole, die irritiert. Mit diesen Titeln hat der deutsch-vietnamesische Künstler Minh Duc Pham (*1991, Bad Schlema) die sechs Werke seiner Ausstellung „Integrationswunder“ versehen. Der Ausstellungstitel ruft die Assoziation zum Begriff „Wirtschaftswunder“ der Nachkriegszeit in der BRD hervor. Doch in seinen Werken problematisiert der Künstler das Leben vietnamesischer Vertragsarbeitender in der DDR.
Einzelne Werke zeigen Fehlstellen: Die Fahnen sind nur auf einer Seite mit hübschen, floralen Motiven in rot und weiß bedruckt, die andere, die Rückseite bleibt unbedruckt – warum? Die silberfarbenen, sanft geschwungenen Metallbänder haben kreisförmige Aus-sparungen – wofür? Die stilisierte Blume mit fünf metallenen Staubblättern und kreisför-migen Blütenblättern aus transparentem Kunststoff dreht sich und surrt mit regelmäßigen Unterbrechungen – wozu? Drei weiß glasierte Keramikformen, die wie Trichter aussehen, sind eingebettet in Aussparungen schwarzer Schaumstoffquader. Die Aussparung der vierten Schaumstoffbox ist leer. Der schmale, rechteckige Duftspender mit abgerundeten Ecken, der hoch an der Wand hängt, fällt kaum auf – fast unsichtbar versprüht er Rosenduft – und er erinnert mich an diesen Satz meiner Kindheit, dass man Kinder zwar sehen, aber nicht hören wolle.
Der Künstler thematisiert, so die umfangreiche Beschreibung seiner Werke in der Werk-übersicht und in der Presseinformation, die prekären Lebens- und Arbeitsbedingungen der Vertragsarbeitenden aus „sozialistischen Bruderländern“ und ihre Instrumentalisierung für eine vermeintliche sozialistische Solidarität. Gewünscht waren nützliche, disziplinierte Arbeitskräfte, doch „es kamen Menschen“ (Max Frisch). Minh Duc Pham, Kind eines Vertragsarbeiterehepaares, fordert Sichtbarkeit und Anerkennung der Elterngeneration.
Ausstellung von Minh Duc Pham in der Galerie im Tempelhof Museum, Alt-Mariendorf 43, Zeitraum: 4.4.-6.7.2025.
Fotos: Ute Pothmann