Vor dem Haus Nr. 34 in der Tegeler Straße steht ein Straßenbrunnen. Er ist einer von gut 50 Schwengelpumpenbrunnen, die in den verschiedenen Weddinger Kiezen stehen. Die meisten dieser Brunnen kommen recht unspektakulär in der Form schlanker, unverzierter Säulen daher, deren zylindrische Baukörper überwiegend aus einem Stück fabriziert wurden.
Doch die Unterschiede liegen, wie so oft, im Detail: Die Brunnen unterscheiden sich durch die Form der Handgriffe und die Form der Beschwerungskörper, die das Pumpen erleichtern. Sie unterscheiden sich durch die Form des Schwengelansatzes und des Wasseraustrittsrohrs sowie die Muldenform am Brunnenfuß, in der Fachsprache „Tränkstein“ genannt. Auch die Position von Schwengel und Rohr zueinander ist nicht immer gleich. So weist ein Brunnen der Ausführung „Z“ einen zylindrischer Beschwerungskörper am oval geformten Handgriff auf. Das Austrittsrohr für das Wasser ist aus einem Stück und steckt in einer Muffe am Säulenkörper. Das Rohr hat ein „Horn“, um daran einen Eimer aufhängen zu können. Schwengel und Wasserrohr stehen einander gegenüber. Die Wassermulde ist quadratisch. Die „Weddinger Ausführung“ hingegen zeigt einen Beschwerungskörper in Form einer Raute. Das Wasserrohr ist oben mit einem eckigen Metallstreifen verstärkt, der das Rohr wie ein stilisiertes Tier aussehen lässt. Schwengel und Rohr stehen rechtwinklig zueinander und der Tränkstein ist oval.
Zweiteilig ist die Brunnensäule vom „Typ Freyer“, an dessen deutlich abgesetztem Kopfteil der Schwengelansatz angebracht ist. Der gerundete Handgriff ist geschlossen und der Beschwerungskörper hat die Form einer kreisrunden Scheibe. Wie bei der „Weddinger Ausführung“ stehen Schwengel und Wasserrohr rechtwinklig zueinander.
Aus den drei Teilen Brunnenständer (Unterteil), Wasseraustritt (Mittelteil) und Schwengeleinheit (Oberteil), die mit einander verschraubt sind, besteht der Brunnen vom „Typ FSH-L“. Anders als bei den bisher vorgestellten Brunnentypen ist der Schwengelansatz nicht dreieckig, sondern hat die Form eines Halbkreises. Die auffälligen sechseckigen Schrauben haben eine kleine Kuppel. Der Handgriff bildet einen fast geschlossenen Kreis, der in der Kugelform des Beschwerungskörpers endet.
Im Wedding sind auch einzelne Brunnen aus älterer Zeit vertreten: Der „Typ Lauchhammer“ stammt aus den 1890er Jahren und verdankt seinen Namen der gleichnamigen Eisengießerei. Der Bautyp geht auf einen Entwurf des Architekten Otto Stahn (1859-1930) zurück. Der Brunnen steht auf einem quadratischen Sockel und hat eine im Vergleich zu den jüngeren Brunnen deutlich dickere Säule. Sie weist eine markante Gliederung der Bauteile und überdies viele Verzierungen auf. Während das Modell „Lauchhammer I“ vor allem Ornamente des Meeres (Muscheln, Schnecken, Meeresungeheuer) zeigt, ist das Modell „Lauchhammer III“ insgesamt zurückhaltender mit floralen Elementen geschmückt. Beide Modelle tragen Wappen (Typ I/Berliner, Typ III/Stadttor). Modell I krönt als oberer Abschluss ein Pinienzapfen mit sich aufrollenden Blättern, Modell III hat eine Mauerkrone. Beide Brunnen stehen unter Denkmalschutz.
Ebenfalls unter Denkmalschutz steht einer von drei im Wedding erhaltenen Brunnen vom „Typ Krause“. Er wurde im Eisenhütten- und Emaillierwerk „Wilhelm von Kraus“ in Neusalz (vormals Schlesien, heute Nowa Sól, Polen) gefertigt und in den 1920er Jahren erstmals aufgestellt. Die schlanke Säule hat einen achteckigem Fuß, einen kannelierten Mittelteil und einige pflanzenartige Schmuckelemente. Dem eiförmigen Handgriff schließt sich ein Beschwerungskörper in Kugelform an.
Der wegen des Namens historisch anmutende „Typ Borsig“ ist noch recht neu; er wurde erstmals in den 2010er Jahren aufgestellt. Die schmale, sechseckige Säule weist am Baukörper unterschiedliche Auskehlungen und pyramidenförmige Ornamente auf. Sie hat eine charakteristische Spitze; es gibt aber auch Exemplare mit einem flachen Kegel als Abschluss. Handgriff und Beschwerungskörper sind miteinander vereint. Sie bilden zusammen eine rechteckige Form. Der Beschwerungskörper am unteren Ende des Handgriffs besteht aus zwei aneinandergesetzten Teilen und läuft trapezförmig aus. Bei diesem Brunnentyp gibt es ein Modell, bei dem Schwengel und Rohr rechtwinkelig zueinander stehen sowie ein anderes, dessen Bauteile beidseitig der Säule angesetzt sind.
Die Brunnen wurden ursprünglich errichtet, um die Wasserversorgung im Fall einer Katastrophe sicherzustellen. Denn sie sind von der Stromversorgung unabhängig und können von Hand bedient werden. Heute, in Zeiten zunehmender Trockenheit, sind die grün oder grau lackierten Wasserspender sehr vorteilhaft, um im Sommer für feuchte Abkühlung zu sorgen oder die dürstenden Straßenbäume zu gießen.
Erstmals erschienen am 10. Mai 2020 auf weddingweiser.de