Engelskulpturen als Grabmalschmuck im 19. und frühen 20. Jahrhundert

Auf dem Alten-12 Apostel-Friedhof in der Kolonnenstraße im Ortsteil Schöneberg sind etliche Künstler, darunter Bildhauer, Maler und Architekten, zur letzten Ruhe gebettet. So ist wohl die auffällige Anzahl von Grabmalskulpturen zu erklären, darunter mehrere Engelfiguren. Um sie, um ihre Gestaltung im Detail, geht es in meinem Beitrag.

 

 

 

 

Was unterscheidet die Skulpturen? Worin ähneln sie einander? Aufschluss darüber geben Vergleiche der Figuren – ihre Körperhaltung und Bekleidung, die Haltung der Arme, der Beine und des Kopfes sowie die Position der Flügel. Auch die Frisur der Engel, mögliche Beigaben oder Aktivitäten werden in die Betrachtung einbezogen. Im Vordergrund allerdings steht der Ausdruck des Gesichts, insbesondere der Augen.

                   

Bis auf eine kniende Engelfigur (Grabmal Herter) sind alle anderen stehend dargestellt, zumeist in ruhender Standbein- Spielbein-Position. Mehrheitlich sind sie vollständig mit bodenlangen Gewändern bekleidet, ein Engel (Grabmal Schlinck) jedoch hält eine Art Laken fast mühsam um sich geschlungen. Die Kleider weisen unterschiedlich intensive Faltenwürfe auf: mal ist das Gewand wie ein schwerer Stoff gearbeitet, der die darunter liegenden Körperformen kaum erkennen lässt, mal wie ein leichtes, transparentes Gewebe. Einzelne Figuren zeigen eine bloße Schulter, freie Arme, ein nacktes Bein oder einen Teil nackte Brust; alle haben unbekleidete Füße. Mehrere Figuren halten eine Hand auf der Brust oder vor dem Bauch. Sie halten Rosenblüten, einige streuen überdies Blüten aus. Die kniende Skulptur hält einen Lorbeerkranz.

               

Die Frisuren variieren von leicht gewellter bis zu stark gelockter Haartracht. Bei einer Figur wirkt das Haar wie ein Helm (Grabmal von Arnswaldt). Die Köpfe sind leicht geneigt, die Gesichter sind mehrheitlich weiblich oder mädchenhaft, seltener jünglingshaft gearbeitet. Der Gesichtsausdruck ist mal ernst, mal mild, mal traurig  – so, als habe sich der Engel mit der Unvermeidbarkeit menschlichen Sterbens abgefunden. Die Augen der meisten Skulpturen weisen niedergeschlagene oder geschlossene Lider auf. Der Ausdruck geöffneter Augen differiert zwischen Trostlosigkeit, Entsetzen (Grabmal Schmidt) oder stillem Gedenken.

             

Eine der stehenden Figuren erscheint wie gerade erst herbeigeschwebt, einen Fuß schon auf der Kugel, die den Grabmalquader bekrönt, den anderen noch in der Luft, vom Gewandstoff hinterfangen. Der Luftzug des Fluges ist noch spürbar. Dieser Engel hält die Flügel nach oben gerichtet und weit gespreizt, noch wie im Flügelschlag. Er ist die einzige Figur die, parallel zu den geöffneten Flügeln, die gesenkten Arme weit ausgebreitet hat, als würde er die Verstorbene (Bertha von Arnswaldt) gleich empfangen und mit sich forttragen. Zwei weitere Engel zeigen ebenfalls nach oben gerichtete Flügel: der eine wirkt ganz in sich ruhend, der andere, als wolle er nach dem Verstreuen der Rosen gleich wieder entschweben (Grabmal Schlinck).

Fotos: Ute Pothmann

 

Skulpturen/Grabmale in der Reihenfolge der Präsentation:

Herter (Titelbild)

nicht bekannt/Manthey

Büchting/Schlinck

von Arnswaldt/Schmidt